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MdL Klaus Steiner: Wir brauchen neue Wege in der Entwicklungspolitik - mehr Geld löst die Probleme nicht.

02.12.2022

München/Traunstein. „Wir brauchen für eine wirksame Entwicklungspolitik nicht in erster Linie mehr Geld, sondern mehr Effizienz und neue Strukturen“. Diese Forderung erhob der entwicklungspolitische Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, Klaus Steiner, bei einem Vortrag „Afrika- ein Kontinent im Aufbruch“ vor dem Kreisverband der Seniorenunion in Traunstein. Vorsitzender Georg Klausner hatte Steiner eingeladen, um über seine Erfahrungen in Afrika zu berichten. „Seit über 30 Jahren ist Steiner entwicklungspolitisch in Afrika und Lateinamerika unterwegs und ein gefragter Gesprächspartner in ganz Bayern zur Entwicklung Afrikas“, so Klausner. 

Steiner: „Die bisherige Unterstützung für Afrika ist weitgehend wirkungslos geblieben, trotz über 2 Billionen Euro, die in den letzten 50 Jahren in den Kontinent investiert wurden“. Insbesondere den Subsahara-Staaten gehe es 2022 schlechter als vor 50 Jahren.

Für viele Akteure sei Entwicklungspolitik im Ergebnis „Almosenpolitik“, die ihre Grundlage in den mangelnden Kenntnissen um die Komplexität afrikanischer Strukturen habe. „Schuldenerlass und immer mehr Geld, erreiche die Menschen selten, entlasse jedoch die meist hoch korrupten Regierungscliquen in eine bequeme Verantwortungslosigkeit.  

Es sei dringend geboten, Entwicklungspolitik neu zu definieren, zu organisieren und zu strukturieren.  

Tausende Hilfsorganisationen und staatliche Stellen, würden Afrika mit Hilfsprojekten überschwemmen. Vieles sei gut gemeint, aber schlecht gemacht. Zu viele Akteure seien unstrukturiert unterwegs.  „Keiner weiß, was der andere tut und nur wenig ist abgestimmt“, kritisierte Steiner. Es gebe aber auch gut funktionierende Einzelprojekte, wie die „Mali Hilfe“ in Seeon oder den Aktionskreis Ostafrika in Traunstein, die durch ihre langjährige Erfahrung, die Herausforderungen des Kontinents kennen.   

Nicht zuletzt die Auswirkungen des Ukraine Krieges auf die Nahrungsmittelversorgung habe gezeigt, wie wichtig eine strategisch ausgerichtete Entwicklungspolitik sei. Natürlich gehe es jetzt darum, akut den Hunger zu bekämpfen, aber bereits 2021, also vor dem Ukraine Krieg, war klar, dass Afrika mehr hungert als jemals zuvor.  

Akuthilfe sei das eine, aber es komme jetzt darauf an, endlich auch darüber zu reden, wie Afrika wieder ein wichtiger Akteur auf den globalen Märkten werden könne, wie dies bereits vor 40 oder 50 Jahren der Fall war. „Es geht darum, die 56 Staaten des Kontinents wieder dazu zu befähigen, Nahrungsmittel zu produzieren und zu exportieren. Trotz Klimawandel und Dürren hätten Länder wie der Kongo dazu genügend Ressourcen. Oder Simbabwe, vormals eine Kornkammer Afrikas, die durch eine hoch korrupte Regierung zu einem der ärmsten Länder der Welt degradiert wurde und nicht durch unfaire Agrarexporte aus Deutschland. 

Afrika verfüge über ein Viertel der weltweiten Agrarfläche, aber nur 20% werde bewirtschaftet. Darüber werde in Deutschland nicht geredet.  Das sei aber das entscheidende Thema. Die Regierungen haben die ländlichen Räume über Jahrzehnte sträflich vernachlässigt. Das ist die Hauptursache für Hunger und Not. Da sei die Forderung von Entwicklungsministerin Schulze, - Entwicklungspolitik müsse „feministischer“ werden - zynisch. die Frauen im Kongo oder in Tansania hätten zunächst andere Sorgen nämlich ihre Familien satt zu bringen. Zumal es immer mehr afrikanische Frauenrechtlerinnen gebe, die eine Gesellschaftspolitik nach deutschen Mustern, mit erhobenem Zeigfinger, als neokolonialistisch kritisieren. 

Viele afrikanische Länder, wie z. B. Angola oder Nigeria - Länder, die bei uns als die ärmsten Länder der Welt eingestuft werden, verfügen zudem über enorme Ressourcen an Bodenschätzen, deren Einnahmen ausreichen, um Hunger und Armut mit einem Strich zu beseitigen. 

 
Sicherheit stehe am Anfang einer wirksamen Entwicklung. Der Aufbau einer rechtsstaatlich orientierten Polizei und verlässliche Verwaltungsstrukturen, damit gute Regierungsführung, sei die wirksamste Methode, die immense Korruption in Afrika zu bekämpfen und das Vertrauen der Menschen in ihren Staat herzustellen. Dass sei die Grundlage für alle anderen Entwicklungen, wie z.B. die Ansiedelung von Investoren, um eine umweltgerechte Industrie aufzubauen. Leider spielen diese entscheidenden Faktoren in der aktuellen Diskussion um Entwicklungshilfe und Fluchtursachenbekämpfung keine Rolle. 

 
„Um das geht es bei einer zukunftsweisenden Afrikapolitik, und deswegen ist es sehr wichtig, dass wir von Bayern aus Projekte, wie den Aufbau einer funktionierenden Verwaltung, einer funktionierenden Polizei und damit Verlässlichkeit des Regierungshandelns, unterstützen“. Dazu sei er, so Steiner, in den Sahel Staaten unterwegs. In Mali ist nicht der Bundewehreinsatz gescheitert, sondern die Entwicklungshilfe, an deren Geldern sich die Regierung in den letzten 20 Jahren schamlos bedient und das Vertrauen der Bevölkerung verspielt habe. 

 
Der nächste Schritt sei Bildung, vor allem duale Ausbildung, auf die Besonderheit afrikanischer Realitäten zugeschnitten. Wichtig ist Agrarbildung, weil die Länder sich trotz Klimawandel und Bevölkerungsexplosion meist immer noch selbst ernähren könnten. „Sie brauchen nicht mehr Geld, sondern unser Wissen. Erforderlich ist ein Wissenstransfer auf Augenhöhe und Partnerschaft - und dies nicht im Sinne einer neo-kolonialen Arroganz und Besserwisserei. Wissen um Anbau- und Bewässerungsmethoden, Lagerhaltung, Vermarktungsstrukturen. 

„Das muss unsere Strategie sein, im Gegensatz zur Brachialhilfe der Chinesen“, so Steiner. Bildung sei die Grundlage für Arbeitsplätze und Investitionen in Afrika.

Nur 7 % der weltweit produzierten Güter kämen derzeit aus Afrika. Entscheidend für eine nachhaltige Armutsbekämpfung sei der Aufbau einer produzierenden Wirtschaft, nach den Maßstäben fairer Beschäftigung und ökologischer Produktionsmethoden. Die Probleme des Kontinents lösen wir nicht durch Flucht oder Zuwanderung nach Europa.

„Die wenigen Fachleute, die Afrika hat, brauchen wir selbst, erklärte mir kürzlich der senegalesische Innenminister“, sagte Steiner. Der Kauf der fair gehandelte Tafel Schokolade ist nett, aber wir brauchen endlich auch Maschinen mit dem Label „Made in Äthiopien oder Ruanda“. Afrika muss endlich produzieren“, betonte Steiner. Nur so würden auch Frauen Geld verdienen und seien nicht mehr von der Großfamilie abhängig. 

 
Staaten wie Ruanda oder Botswana seien gerade dabei, sich selbst zu helfen. Der Abfluss von Rohstoffen und die Korruption wurden getoppt, die Regierungen kommen ihrer Verantwortung nach, damit setze von selbst eine positive Entwicklung ein, ohne westliche Hilfe, mit oder ohne unfaire Exporte aus Europa, mit oder ohne ein Lieferkettengesetz. Plötzlich funktioniert die Landwirtschaft, keiner muss auswandern oder flüchten, ein effektives Bildungssystem entwickle sich von selbst und die Stellung der Frauen werde immer besser. Und dies ganz ohne „feministische“ Entwicklungspolitik aus Deutschland. Das Gegenteil seien Länder, wie etwa Simbabwe, Kongo etc., die von ihren Regierungen buchstäblich „armregiert“ werden. 

 
„Wir brauchen eine neue Priorität für eine Entwicklungspolitik mit außen- und sicherheitspolitischen Ansätzen, sonst wird es uns nicht gelingen China und Russland, die auch militärisch in Afrika unterwegs sind, Paroli zu bieten. Es geht vor allem um die Sicherung zukünftiger Nahrungsmittel und Rohstoffketten, erläuterte Steiner abschließend. 

 

Klaus Steiner, MdL

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