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MdL Klaus Steiner: „Schutzstatus für Gänsesäger, Kormoran und Fischotter reduzieren“

04.10.2022

LANDKREIS TRAUNSTEIN. Die zunehmende Population von Prädatoren, wie Kormoran, Gänsesäger und Fischotter stellt auch die Fischerei im Landkreis Traunstein vor große Herausforderungen. 

Bei einem runden Tisch, zu dem der Traunsteiner Stimmkreisabgeordnete Klaus Steiner eingeladen hatte, der im Agrar- und Umweltausschuss des Landtages auch für Fischereifragen zuständig ist, äußerten die Vertreter der Berufsfischer und der Angelfischer ihren Unmut über die fehlenden Möglichkeiten, die Bestände von Kormoran, Gänsesäger und auch die zunehmende Zahl von Fischottern so zu regulieren, wie dies bei anderen Wildarten auch gesellschaftlicher Konsens ist, wie etwa beim Rotwild zum Schutz des Bergwaldes.

Mit dabei auch das Wasserwirtschaftsamt, die Fischereifachberatung des Bezirks Oberbayern, sowie Vertreter des Landesbundes für Vogelschutz und des Bund Naturschutz. Bei dem Gespräch ging es auch um Fragen der Gewässergüte und den Einfluss von Flussbaulichen Maßnahmen auf die Fischpopulation.

„Die Fischerei in Bayern ist in ihren vielfältigen Formen, wie Berufsfischer, Angelfischer oder die Teichwirtschaft, von großer ökologischer und landeskultureller Bedeutung. Darüber hinaus erzeugen Fischer ein hervorragendes, regionales und gesundes Nahrungsmittel“, sagte Steiner.

Gleichwohl stehe die Fischerei insgesamt vor großen Herausforderungen. Der ⁠Klimawandel⁠ verändere die Lebensräume der Fische. Ein anhaltendes Spannungsfeld ergebe sich durch flussbauliche Maßnahmen, die in der Vergangenheit, die Lebensräume für Fische stark beeinträchtigt hätten. Die größten Probleme, bis hin zu existenziellen Fragen für die Fischer, einstünden aber durch Tierarten, wie Kormoran oder Fischotter, deren Schutzstatus eine Regulierung, auch zum Schutz bedrohter Fischarten, erschweren oder unmöglich mache.

Florian Kirchmeier, Vorsitzender der Fischereigenossenschaft Chiemsee, stellte ausdrücklich klar, dass es nicht um die Ausrottung des Kormorans gehe, sondern um eine Regulierung des Bestandes. „Es geht um Existenzen, um unsere Familien, die von der Fischerei leben und um Fischarten, die, wie z.B. die Äsche, die vom Gänsesäger in den Fließgewässern, wie der Tiroler Ache, ausgerottet werden. Wir wollen keine Entschädigung, die ohnehin mit massivem bürokratischem Aufwand verbunden ist, wie von Natur- oder Vogelschutzverbänden vorgeschlagen wird. Deswegen ist es unser Ziel, die Anzahl der Kormorane am Chiemsee zu reduzieren, am besten durch einen Zugriff auf die Gelege. Wenn das nicht endlich gelingt, wird es immer schwerer, Nachfolger für unsere Betriebe finden“. 

Er verwies auf die zunehmenden, massiven Netzschäden durch tieftauchende Kormorane. Niemand zahle hierfür eine Entschädigung. Die müssten die Netze mehrmals im Jahr getauscht werden. 

Sein Vorgänger Thomas Lex verwies ebenfalls auf die seit Jahren hohe Population am Chiemsee und forderte nachdrücklich die Politik auf, endlich Lösungen anzubieten. „Ein Pfund Fisch, die der Kormoran täglich braucht, ist ein enormer Schaden für die Berufsfischerei, die an anderer Stelle immer hoch gelobt und deren landeskulturelle Leistungen herausgestellt werden. Lob und schöne Inselfotos helfen uns aber nicht weiter. Jährlich setzen wir Millionen von jungen Fischen im Wert von circa 500.000 Euro in den See, um ein gutes, gesundes, regionales Nahrungsmittel anzubieten, nachhaltige Hilfe bleibt uns aber verwehrt. Wir produzieren weitgehend Vogelfutter. Wir vergönnen den Vögeln den Fisch, wenn die Population reguliert wird, wie das bei anderen Tierraten selbstverständlich ist“.

Steiner verwies auf seine Initiativen im Landtag in den letzten Jahren, die zumindest dazu geführt hätten, dass eine teilweise Bestandsregulierung vorgenommen werden kann. Allerdings sei dies noch unzureichend. Wie beim Fischotter, der sich zunehmend auch in Oberbayern ausbreitet und der bereits in Franken zu zahlreichen Betriebsausgaben bei den Teichwirten geführt habe, sei immer wieder der hohe Schutzstatus dieser Tierarten das Problem. „Wir müssen alles wasserdicht machen, juristisch gut abgesichert, damit nicht die Verwaltungsgerichte entsprechende Regelungen wieder aufheben, wie etwa vor Kurzem bei der Entnahme von Fischottern in der Oberpfalz. Wie beim Wolf haben wir das Problem, dass wir für weitereichende Maßnahmen keine Mehrheit in den entscheidenden Gremien, wie z.B. dem Bundesrat, bekommen und die entsprechenden Verbände massiv Widerstand leisten“. Nur eine Änderung des Schutzstatus auf europäischer Ebene führe weiter. Wie beim Wolf sei der Erhaltungszustand die entscheidende Frage für eine Rechtsänderung. 

Dr. Bernhard Gum von der Fischereifachberatung des Bezirks Oberbayern verwies auf das Kormoranmanagement des Freistaates, das Bundes- und Europaweit trotzdem noch das Beste sei. Trotzdem sieht er massiven Handlungsbedarf. 

Frank Weiß vom Landesbund für Vogelschutz äußerte Bedenken gegen Vergrämungsmaßnahmen. Ginge man zu unsensibel an die Maßnahmen heran, bestehe die Gefahr, dass sich der Schlafplatz der Kormorane auflöst und man es, statt mit einem großen Standort, plötzlich mit 10 kleinen zu tun habe, was der Sache nicht dienlich sei. Er sieht Lösungsansätze in der Umgestaltung der Fluss- und Uferstrukturen, die Fischen und Vögeln andere Rahmenbedingungen bieten könnten. Der Kormoran werde seit Jahren abgeschossen, aber es habe nichts gebracht. Generell sei der Abschuss nicht die Lösung. 

Peter Hußl vom Fischereiverein Unterhochstätt sprach die Gänsesäger Problematik an. Allein am Auslauf des Chiemsees wurden auf einer Länge von 1,8 km 41 Gänsesäger gezählt, viele Fischarten hätten dort keine Chance mehr. Auch der Fischotter werde immer mehr zum Problem. Die Fischereivereine würden keine Gewässer mehr anpachten, in denen es Fischotter gebe, weil die Schäden zu massiv seien. Schutzzäune seien bestenfalls für kleine Teichanlagen eine Lösung. Der Aufwand sei zu groß, um den Fischbestand zu schützen.

Sepp Schiller, Vorstand des Fischereivereins Chiemsee, erläuterte, dass der Äschenbestand in der Region massiv zurückgehe. Die Zahlen von Kormoran, Gänsesäger und Fischotter seien einfach zu hoch. Auch bei den Angelfischern gehe es um die Erzeugung beziehungsweise Bereitstellung eines hochwertigen Nahrungsmittels. Zudem verwies er auf die umfassenden Bemühungen der Fischereivereine in Bezug auf die Umweltbildung von Jungfischern. „Die Fischereivereine leisten bei der Umweltbildung von jungen Menschen eine hervorragende Arbeit, die aber zunehmend gefährdet ist, wenn die Fischereivereine die Bewirtschaftung der Gewässer aufgeben“. 

Nach den Worten des Präsidenten des Oberbayerischen Fischereiverbandes, Maximilian Voit, werde man die Probleme mit Prädatoren nur bewältigen können, wenn diese streng geschützten Arten auf EU Ebene vom Anhang 4 in den Anhang 5 der FFH Richtlinien genommen werden. Zusätzlich stünden die Fischereivereine vor dem Problem, dass sie keine Möglichkeit hätten, an Entschädigungen zu kommen. „Die Beweislage ist schwierig, auch wenn in der Praxis klar ist, dass der Gänsesäger die Ursache für den deutlichen Rückgang der Äschenbestände ist“. Guter Wille allein helfe nicht weiter, es brauche politische Maßnahmen.

Dr. Gum verwies darauf, dass es nicht nur um die Fischgewinnung gehe, wenn Teichwirte aufgäben, sondern auch auf den unwiederbringlichen Verlust von wertvollen Biodiversitätsflächen. Es wäre verantwortungslos, hier nur zuzuschauen. „Der Otter hat seine Berechtigung, aber auch hier braucht es wirksamen Maßnahmen zur Regulierung“.

Florian Baierl, Fischotterberater von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, zeichnete bezüglich des Fischotters für den Landkreis Traunstein ein düsteres Bild. „Ich bin viel im Landkreis TS unterwegs. Der Hut brennt. Ein Zaun wirkt nur bedingt und auch nur, wenn er gut gesetzt ist und gewartet wird“. Die Hauptzeit des Otters, sei Oktober bis März, bei entsprechender Schneelast seien Zäune unwirksam. 

Sepp Schiller gab zu bedenken, dass mit Schutzzäunen, wie sie auch beim Wolf gefordert werden, massiv in die Lebensräume anderer Tier- und Wildarten eingriffen werde. Hier müssten sich die Umweltverbände die Frage stellen, ob dies wirklich gewollt sei.

Er sprach den Einfluss von Flussbaulichen Maßnahmen auf die Gewässerstrukturen an, zum Beispiel durch die Entnahme von Kies an der Tiroler Ache. Viele Bäche hätten keinen Anschluss mehr und die Fische könnten nicht aufsteigen. Korbinian Stettwieser vom Wasserwirtschaftsamt Traunstein, sprach die unterschiedlichen Ziele der Wasserrahmenrichtlinien an, nämlich den Hochwasserschutz und die Gewässerökologie. Bei allen Maßnahmen bemühe sich das Wasserwirtschaftsamt Traunstein um eine gute Abstimmung mit der Fischerei und den Lebensraum für Fische zu verbessern.  

Sepp Schiller forderte von den Fachbehörden eine andere Bewertung beim Bewuchs von Flussläufen, wie etwa in der Tiroler Ache. Ein dichter Bewuchs mit Bäumen und Sträuchern sei für die Beschattung der Gewässer sehr wichtig.

Klaus Steiner forderte neue Sichtweisen in der Diskussion. „Artenschutz endet nicht an der Wasseroberfläche. In der aktuellen Diskussion um den Schutz von Kormoran, Gänsesäger oder Fischotter, wird der Schutz von Fischarten weitgehend ausgespart. Und es geht auch um den Schutz der Fischer, der Familienbetriebe oder auch die Angelfischerei, die einen wichtigen ökologischen Beitrag leistet, wie etwa beim Unterhalt der Gewässer. Deswegen ist die Bestandsreduzierung bestimmter Tierarten einfach notwendig, genauso wie wir z.B. den Bergwald durch die verstärkte Bejagung von Rotwild schützen. Die gleiche Denkweise brauchen wir bei Biber, Fischotter, Reiher oder Kormoran und aktuell bei der Almwirtschaft mit dem Wolf“. Die strenge Unterschutzstellung auf europäischer Ebene mache ein isoliertes Handeln oder Durchgreifen zum Beispiel des Freistaates Bayern nahezu unmöglich. Der hohe Schutzstatus sei die Grundlage für den Erfolg entsprechender Klagen vor den Verwaltungsgerichten.  Dies habe das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg, bei der zunächst genehmigen Entnahme von Fischottern in der Oberpfalz sowie den zunächst genehmigten Abschuss des Bergener Wolfes gezeigt. „Wir können im Bayerischen Landtag beschließen was wir wollen, wenn EU Recht nicht geändert wird und das Bundesnaturschutzgesetz durch die Bundesregierung nicht konsequent angewandt wird“. Das alles scheitere aber an der politischen Zustimmung im Bundesrat, im Bundestag und auf EU-Ebene im Europaparlament. Dort wo wir selbst begrenzt handeln können, haben wir das auch getan, wie zum Beispiel auf meine Initiativen beim Biber oder beim Kormoran.

Klaus Steiner, MdL

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